©
Im Jugendableger der Süddeutschen erzählt ein weißer Ritter, wie er es mit dem Flirten hält. Er beschreibt hierzu die prickelnde Spannung und die Zweifel darüber, ob der jetzige Zeitpunkt der richtige ist, sie zu küssen, so wie das nunmal ist in einem mit erotischer Spannung geladenen Flirt, der auch Unwägbarkeiten enthält, und in dem man durchaus auch dem Risiko ausgesetzt ist, einen Schritt zu früh zu gehen. Das gehört dazu.
Jetzt ist unser weißer Ritter aber ein Anhänger des „Aussprech-Prinzips„, das heißt er fragt um Erlaubnis, ob er sie küssen darf. Ihre Reaktion darauf sagt alles über Feminismus und Frauen, ihre Beziehung zueinander und wie gut der Feminismus Frauen kennt und sie respektiert:
„Du Raffnix! Deute doch mal die Signale richtig. Wenn Du fragst, ruiniert das die Stimmung!“
Damit wäre eigentlich alles gesagt: Die Frauen empfinden das „Konsensprinzip“ als Stimmungstöter und wollen es nicht anwenden. Diese weibliche Reaktion auf das merkwürdige Verhalten von Feministen in der Paarungszeit ist nicht neu: Unlängst beklagte eine Nina Pauer, dass die „Schmerzensmänner“ von heute in Sachen Annäherung nichts mehr auf die Reihe kriegen. Sie selbst will als Frau nicht den nächsten Schritt tun. Sie sendet aber Zeichen, dass er nun doch bitte mal… aber ach, die Männer von heute haben keine Eier mehr.
Nun könnte der weiße Ritter daraus lernen und in Zukunft darauf verzichten. Aber nein: Stattdessen macht er mehr desselben und legt jetzt erst richtig los:
Es gibt genau ein eindeutiges Signal und das ist ein klares Ja auf eine klar definierte Äußerung meiner Absichten.
Es gibt nur eine richtige Möglichkeit, basta!
Dem lässt sich entgegenhalten: Grenzen müssen überschritten werden und beim Deuten der Signale, wie es oben seine Flirtpartnerin nennt, kann man schon mal falsch liegen, aber: Das ist vollkommen in Ordnung. Sie kann damit umgehen, es ist keine Katastrophe, es gehört dazu.
Anstatt aber eine solch entspannte Haltung zu entwickeln, wird unser weißer Ritter noch rabiater: Jetzt will er sein Konzept auch verpflichtend für andere Männer vorschreiben. Dabei geht er so vor, dass er in einem Schwarz-Weiß-Bild zwei Varianten gegenüberstellt. Hier er, der Frauen respektiert (nicht wirklich, siehe unten), keine Grenzen überschreiten und nicht überrumpeln will, und dann die ganzen anderen Männer, die es nicht so halten und die er in die Nähe von Vergewaltigern rückt:
Die Alternative ist nämlich ziemlich beschissen: Die Auffassung, dass ein Mann sich den Kuss eben nehmen muss. Und die Frau lässt es mit sich machen oder muss sich wehren. Diese Geisteshaltung ist eine Schwundstufe toxischer Maskulinität und führt zu elenden Komplikationen. Und zu Männern und Frauen, die meinen, Grenzüberschreitungen zu forcieren oder zu dulden gehöre zur Anbahnung von Intimitäten dazu. Das muss verdammt noch mal anders werden!
Ganz normaler, einvernehmlicher Sex ist auf diese Weise eigentlich Vergewaltigung: „Sie muss sich wehren“. „Sie lässt was mit sich machen“. Sagte nicht Andrea Dworking: „All sex is rape!“? Nach dieser Lesart schon.
Es muss also etwas anders werden: Die Männer sind alle toxisch, und müssen umerzogen werden. Wer nicht spurt, und sich nicht an die totalitären Regeln hält, die fürs Flirten und fürs Schlafzimmer vom Feminat vorgeschrieben werden, geht als Vergewaltiger in den Knast, in Schweden, in Deutschland, denn Femischisten sitzen in den Machtpositionen, entsprechende Gesetze zu verabschieden.
Aber nicht nur die Männer, auch bei Frauen bildet sich der Feminist ein, es besser zu wissen und die Frau von ihrer dummen Naivität befreien zu müssen:
Denn ich frage zwar vor allem aus Prinzip. Ein ganz bisschen aber auch aus erzieherischen Gründen.
Hach, wie sehr er sie respektiert, will sie erziehen!
Im Text wird schön die Doppelmoral deutlich, wie sie typisch ist für einen Feminismus, der nichts anderes als ganz vulgären Sexismus darstellt: So berichtet der weiße Ritter, wie im Club eine Bekannte ihr Gesäß an seinem Ständer reibt. Sie hat nicht um Erlaubnis gefragt, dies ist aber kein Grund, ihr toxische Weiblichkeit zu unterstellen und diese Annäherung zu verurteilen, die nicht nach den Regeln ablief, wie sie für Männer zu gelten haben. Dieser Sexismus konterkariert aber jenen Feminismus, der Frauen mental betrachtet für genauso stark hält wie Männer (was sie auch sind). Denn wenn ich hier bei Frauen besondere Vorsichtsmaßnahmen treffen muss, um sie ja nicht versehentlichen zu verstören, zum Opfer zu machen, sie – siehe Schweden – „unachtsam“ zu vergewaltigen, dies bei Männern aber nicht einfordere, weil sich kein Mensch vorstellen kann, dass ein ungewollter Kuss für einen Mann ein ernstes Problem darstellt, dann zementiert dies das Bild von der schwachen Frauen und dem starken Mann, das also, was Feminischisten überwinden wollen. Dieser paternalistische, Frauen bevormundender und Männer bestrafender Feminismus reproduziert das Bild vom schwachen Weibchen mit ihr als Prinzessin, die vom ihm, dem Helden gerettet werden muss. Als das sieht er sich: Als der bessere Mann, der sie beschützt vor den ganzen toxischen Männern, dafür wirft er sich als weißer Ritter in die Schlacht, denn ohne ihn ist sie unrettbar verloren.
Andere Männer sind toxisch und Frauen müssen erzogen werden. Was ein Held.
„er fragt um Erlaubnis, ob er sie küssen darf“
Aufschrei! das ist eine verbale Vergewaltigung, denn er setzt sie ja mit der Frage unter Druck, diesem Wunsch nachzugeben, und die minutiös geplante Vorbereitung, vorher harmlos mit ihr herumzuschäkern, ist ja an Hinterhältigkeit kaum zu überbieten!! Also unglaublich ist das!
Spaß beseite. Irgendeine Transgression braucht es eigentlich immer, der Kunst besteht darin, das elegant hinzugekommen, dann wird es in erster Linie als Kompliment verstanden. Hinter seiner gouvernantenhaften Art steckt in Wirklichkeit ein Bild von Frauen als kleinen Kindern, denen man rein gar nichts zumuten kann.